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Filmkritik zu Star Trek Into Darkness: Abrams hat uns nichts zu sagen

Verhilft J. J. Abrams Star Trek mit Popcorn-Kino zu neuem Glanze? Nein, sagt Malte Kirchner. Ein Diskussionsbeitrag darüber, was Star Trek ausmacht. Und wie Into Darkness die Fans mit billigen Tricks davon überzeugen soll, dass dies eine würdige Fortsetzung ist.

 

Achtung: Der nachfolgende Text könnte Andeutungen enthalten, die auf den Inhalt des Films schließen lassen. Wir empfehlen, den Text erst zu lesen, wenn Ihr den Film gesehen habt!

Star Trek Into Darkness. Für Star Trek geht es den Bach runter.. Foto: (c) Paramount Pictures
Star Trek Into Darkness. Für Star Trek geht es den Bach runter.  Foto: (c) Paramount Pictures

Star Trek. Das war mal eine Utopie von einer besseren Welt. Eine Zukunftsvision, die in Zeiten des Kalten Krieges davon erzählte, dass Amerikaner und Russen vielleicht in ferner Zukunft einmal Hand in Hand arbeiten. Eine Geschichte davon, dass Hautfarbe und Herkunft unbedeutend sind. Und dass die Technik den Menschen und all den anderen Lebensformen im All dient, ihnen ein angenehmes Leben ermöglicht, weitgehend ohne Stress, ihren Talenten und Leidenschaften folgend. Was in Classic schon in Grundzügen zu erkennen war, nahm in der Next Generation formvollendet Gestalt an.

Im Universum, das Regisseur J. J. Abrams geschaffen hat, zählt all das nicht mehr. Der neueste Schinken, Star Trek Into Darkness, ist mit Abstand das Schlimmste, was Star Trek in seiner jahrzehntelangen Geschichte erleben musste. Und während der Zuschauer dieses Effektspektakel, diese ewig gleiche Bildkomposition aus detailüberfrachteten Totalen und extremen Nahaufnahmen, diese rohe Gewalt, die sich immer wieder neu erfindet und steigert, über sich ergehen lässt, stellt er sich eine Frage: Was würde Gene Roddenberry dazu sagen?

Zugegeben, Star Trek hat sich schon zu Serienzeiten immer gewalttätiger entwickelt. Der große Dominionkrieg in Deep Space Nine, die infernalischen Schlachten der Voyager gegen die Borg – die digitale Trickkiste hat all dies möglich gemacht, was zu TNG- und gar Classic-Zeiten mit Modellen nur schwer oder gar nicht möglich war.

Doch in Into Darkness wünscht man sich, dass die Effektdose vielleicht doch häufiger mal geschlossen werden würde. Immer dann, wenn Abrams’ Erzählung die Puste ausgeht, explodiert nämlich etwas, wird wild drauf losgeschossen und gemordet. Erst wenn der Zuschauer so richtig durchgerüttelt ist, geht es zurück zum Handlungsfaden von Khan, jenem Bösewicht aus dem zweiten Star Trek-Film von 1982, der – ein wenig modernisiert und durchs Paralleluniversum auf den Kopf gestellt – in diesem zweiten Abrams-Film mit gutem Willen noch das Beste ist, was dem Streifen abzugewinnen ist.

Doch da hört es auch schon auf: Star Trek-Offiziere mit Militärmützen aus Weltkriegsfilmen, Klingonen, die eher wie Zombies aussehen, und das Beamen, das wie ein Hula-Hoop-Reifen-Kontest aussieht, müssen wir nicht sehen. Die Optik der Raumschiffe und Planeten ist in punkto Helligkeit, Glanz, Reflektionen und Detailreichtum bestechend, klar, doch das technische Unvermögen früherer Filmeschaffender, all das darzustellen, versetzte den Zuschauer oft in die angenehme Situation, dass er sich vieles in der Zukunft selbst ausmalen konnte. Jetzt ist alles vorgegeben, Abrams steckt uns in seinen Vorstellungskerker.

Nehmen wir mal die Städte: Abrams’ Vision nimmt die Menschen der Gegenwart und versetzt sie in eine Zukunft voller irrsinniger Hochhäuser – der Gedanke, dort wohnen zu wollen, kommt an keiner Stelle auf. Da sind wir am Ende doch ganz froh, wenn der Projektor abgeschaltet wird, und wir in das harmonische Jetzt entlassen werden.

Es ist der Charme der Star Trek-eigenen Utopie, der im Abrams-Universum vollkommen abhanden gekommen ist. Schon in der Serie “Fringe” zeigte Abrams  uns eine sterile Welt, die kaum wohnlich ist. In Star Trek hat er dies – wohl auch dank des höheren Budgets – perfektioniert. Von Forscherdrang ist trotz aller Lippenbekenntnisse nichts mehr zu spüren. Es ist ein reiner Militärfilm.

Es stimmt einen sehr nachdenklich, dass dieser Film nicht nur gute Rezensionen bekommen hat, sondern auch von vielen erklärten Star Trek-Fans gut geheißen wird.

Natürlich gibt es jetzt all jene, die widersprechen: Fans, die die vielen Bezüge, etwa zu Sektion 31, ins Feld führen. Doch können diese gestelzten Bezüge darüber hinweg täuschen, dass uns Abrams nichts Neues anzubieten hat? Star Trek Into Darkness ist ein reines Remake. Abrams nahm den Film von 1982 und will uns in besserwisserischer Manier zeigen, wie man ihn hätte besser machen können. Dieses Besser besteht allerdings hauptsächlich aus viel Wumms und Effekten. Hier und da nochmal ein Witzchen: Haha, selten so gelacht. Und am Ende gibt’s die obligatorische Fanfare und “to boldly go where no man has gone before”.

Es stimmt einen sehr nachdenklich, dass dieser Film nicht nur gute Rezensionen bekommen hat, sondern auch von vielen erklärten Star Trek-Fans gut geheißen wird. Lechzen sie tatsächlich nach einer düsteren Zukunft, in der Gewalt eine so große Rolle spielt? Die totale Abkehr von The Next Generation, wo Diplomatie und Geschick die Schlüssel zum Erfolg waren und Gewalt die letzte, ja wirklich die letzte Option war? Oder wollen einige nur an dem Titel klammern, getreu dem Motto: Ja, es geht weiter. Wir müssen doch zu Star Trek halten, wir müssen das gut finden, weil es doch weiter geht. Vielleicht kommt ja irgendwann noch was Besseres.

Dass es besser werden könnte, das haben nach dem ersten Film viele gedacht: Einige Befürworter der neuen Abrams-Ära, vor allem aber die Kritiker. Im ersten Film wurde mühsam ein Paralleluniversum erschaffen, um sich der Fesseln der Vorgaben früherer Star Trek-Filme und Serien zu entledigen. Im zweiten Film sehen wir nun, wo die Reise hingeht. Abrams hat nichts daraus gemacht.

Für mich ist hier ein Schlusspunkt erreicht. Lieber lege ich eine schöne TNG-Blu-ray ein und trauere alten Zeiten hinterher, als mir weiterhin anzusehen, wie das Bestreben Paramounts nach grenzenlosem kommerziellen Erfolg alles auf den Opferaltar wirft, was Star Trek wohltuend vom Mainstream in TV und Kino abgehoben hat.

J. J. Abrams hat uns nichts zu sagen.

Programmhinweis: Ende Mai sprechen wir über Star Trek Into Darkness in einem Trekcast. Es wird zweifelsohne eine kontroverse Sendung werden, denn wir haben sowohl Befürworter als auch Kritiker in der Sendung. Wir freuen uns auch über Eure Meinungen zum Film!